Mimosa | thebereancall.org

Carmichael, Amy

Sie stand draußen im Sonnenschein, als ich sie das erste Mal sah, ein strahlendes Ding in einem purpurnen und orangenen Sari, mit vielen, leuchtenden Armspangen. Sie sah in ihren Farben und Kleinodien wie ein Waldvogel aus, aber ihre Augen waren groß, weich und sanft, und hatten mehr von einem Kitz als einem Vogel.

Wir begrüßten sie und ihren großgewachsenen Vater, der neben ihr stand; aber wir hatten innerlich immer Bedenken, wenn wir diesen Vater begrüßten, denn seine kleine Tochter, Star, war bei uns, und obwohl er mit ihrem Aufenthalt bei uns einverstanden war, könnte er sie jederzeit zurückholen….

Aber nichts konnte bei ihm Erfolg haben, die jüngere, Mimosa, dazulassen. Wir beachteten die Kaste, was Star betraf – jede gewissenhafte Befolgung wurde eingehalten, denn wir hatten nicht das Recht, ihr den Bruch ihrer Familiengesetze zu gestatten. Wir hätten für Mimosa dasselbe getan. Aber nein, sie durfte nicht bleiben.

Das Kind, das an diesem einen Nachmittag gehört hatte, wovon ihre Seele, in leidenschaftlichem Verlangen angezogen, mehr hören wollte, bat aufrichtig:

„O Vater, nur noch etwas länger, damit ich etwas, nur ganz wenig mehr verstehe, und ich werde zurückkehren.“

„Willst du mich beschämen, du Törichte: ist eine nicht Schande genug?

Wieder flehte sie, all ihre Scheu vor ihrem strengen Vater und alle Furcht vor Anstoß schmolz im starken Feuer ihres Verlangens.

„O Vater, Vater!“

Aber er richtete sich entrüstet an sie: „Siehe deine Schwester. Ist sie nicht Schande genug, sage ich?“ und er ließ sie mit seinem Zorn verkümmern.

Für einen Moment war es still. Dann brach Mimosa in Tränen aus.

Der Abschied ging schnell. Als sie weggingen, drehte sich das Kind um und ich sah die kleine Gestalt in ihrer Vogelbrust Kleidung gegen den dunkelgrünen Schatten der Mangobäume. Sie wischte sich die Tränen von den Augen und versuchte, uns zuzulächeln, und meine letzte Erinnerung an sie – die all die zweiundzwanzig Jahre überlebt hat – ist die von großen, schönen braunen Augen, die versuchen, durch Tränen zu lachen.

Und wir? Wir kehrten zurück zur Tagesroutine und versuchten, nicht deprimiert zu sein; aber das Kind war intelligenter als üblich; sie hatte mit solch süßer und verzauberter Aufmerksamkeit dem Wenigen zugehört, was wir ihr sagen konnten. Wir hörten beinahe den Kinderfreund sagen: „Lasst sie zu Mir kommen.“ Würden sie ihr erlauben zu kommen? Hätten wir ihr nur mehr von Ihm beigebracht! Wie könnte sie sich denn vielleicht erinnern, was wir ihr gesagt hatten? Es war unmöglich, von ihr zu erwarten, sich zu erinnern.

Unmöglich? Gibt es solch ein Wort, wenn es um die Dinge des Herrn geht?

Auszug aus dem Buch von Amy Carmichael