Selbsterhebung und Demut | thebereancall.org

Hunt, Dave

„Durch Gottes Gnade bin ich, was ich bin." - Hier gibt es keine Grundlage für Selbstachtung.

Selbsterhebung und Demut


 

Von Dave Hunt, Auszug aus Beyond Seduction, Kapitel 9

Viele Christen, die in kommunistischen Ländern unter Verfolgung leben, sind verwirrt, wenn sie hören, wie gesellschaftlich akzeptabel das Christentum im Westen zu sein scheint. Seit der Feststellung von Paulus, „Und alle, die gottesfürchtig leben wollen in Christus Jesus, werden Verfolgung erleiden" (2 Timotheus 3,12), die sich für russische oder polnische oder chinesische Gläubige als wahr erwiesen hat, fragen sie sich, warum dasselbe nicht für Christen im Westen gilt. Und sie beten, dass Gott uns helfen möge, keine Kompromisse unter dem Druck der Popularität und des Erfolgs einzugehen, genau wie sie sich geweigert haben, vom Kommunismus korrumpiert zu werden. Diese Gläubigen würden es erstaunlich finden, dass sich Christen im Westen Monate oder sogar Jahre „therapieren" ließen, um den Schaden zu überwinden, der ihrer Psyche angeblich durch „Ablehnung" zugefügt wurde. Jene, die unter totalitären Regimen aufwachsen, die feindlich gegenüber dem Evangelium sind, erwarten, für ihren Glauben abgelehnt, verachtet, lächerlich gemacht und sogar eingesperrt und getötet zu werden, und würden nicht die Bedeutung verstehen, die Christen im Westen auf Selbstachtung, Selbstannahme und Selbsterfüllung legen.

Für solche leidenden Christen, von denen viele nie eine Bibel ihr Eigen nannten (und die sich nach dem Tag sehnen, wenn sie eine aus dem Westen eingeschmuggelte erhalten werden), wäre es sogar noch unverständlicher, gesagt zu bekommen, dass die Gemeinde im Westen die Bibel als unzulänglich und den Heiligen Geist als unzureichend ansieht, vollkommene geistliche Anleitung und Kraft zur Führung des christlichen Lebens bereit zu stellen. In der Tat würden sie es erstaunlich finden, dass die westliche Kirche so enthusiastisch ihre Arme öffnen würde, um neue Theologien anzunehmen, die auf den Theorien der Psychologie gegründet sind....

Teil des Problems [im Westen] bei solchem Denken wird durch die Verwechslung von Minderwertigkeitsgefühlen mit Mangel an Selbstachtung verursacht. Ersteres umfasst Leistung oder Fähigkeit, während letzteres sich auf die Gefühle des Eigenwertes bezieht. Es ist eindeutig, je größer die Selbstachtung und Eigenliebe einer Person sind, desto mehr Enttäuschung wird es geben, wenn die Fähigkeiten und die Leistung nicht gleichwertig sind. Keiner hasst sich, aber er mag seine Umstände oder Aussehen oder Mangel an Fähigkeiten hassen. Schon die Tatsache, dass wir unser Aussehen nicht mögen oder unsere Unfähigkeit beklagen oder bestürzt werden, wenn Leute oder Umstände uns grausam behandeln, ist Beweis dafür, dass wir uns lieben und schätzen, denn wenn wir uns nicht schätzen würden, würden wir froh sein, wenn die Dinge uns zuwiderlaufen.

Sich minderwertiger als andere zu fühlen oder für die gestellte Aufgabe nicht geeignet sein ist kein Defekt, der behandelt werden muss, bevor man nützlich sein kann. Im Gegenteil, seine Unfähigkeit zu erkennen ist die Voraussetzung für echten Sieg, denn nur, wenn wir von Selbstvertrauen befreit sind, kann Gott uns zu Seinem Ruhm gebrauchen. Jonathans lahmer Sohn, Mephiboset, nannte sich „toter Hund", aber König David bestand darauf, dass er täglich mit ihm an der königlichen Tafel aß (2 Samuel 9,6-13). Gideon hielt sich für unfähig, seine Familie für arm und „ich bin der Kleinste im Haus meines Vaters" (Richter 6,15), doch er lernte, Gott zu vertrauen und wurde einer von Israels größten Befreiern. Jesaja wich vor Gottes Ruf zurück, wenn er seine „unreinen Lippen" berücksichtigte, die unwürdig waren, für seinen Herrn zu sprechen (Jesaja 6,5). Amos war kein Prophet, sondern bloß ein Hirte (Amos 7,14), den Gott verwendete, das Gericht über die Nationen zu verkünden. Der Wendepunkt in Hiobs Leben kam, als er sich schließlich selbst hasste (Hiob 42,6): Dann und nur dann konnte Gott ihn wiederherstellen. Mose antwortete, als er von Gott berufen wurde, „Wer bin ich, dass ich zum Pharao gehen... sollte?" (2 Mose 3,11) und bestand darauf, dass er „einen schwerfälligen Mund" habe und unfähig sei (2 Mose 4,10-13). Gottes Antwort an Mose sollte jeden ermutigen, der sich minderwertig fühlt: „Ich werde mit dir sein!"

Weit davon entfernt, sich mit Moses Minderwertigkeit zu beschäftigen, oder sein „schlechtes Selbstbild" aufzubauen, versprach Gott Seine Gegenwart und Macht. In der Tat wählte Er Mose aus, den Mann, sanftmütiger als alle Menschen auf Erden (4 Mose 12,3), um dem mächtigsten Kaiser der Welt in seinem Palast mutig zu begegnen und Sein Volk zu befreien, so dass Gott, und nicht der Mensch die Ehre haben würde. So kann es bei jedem sein, der seine eigene Unfähigkeit und Unwürdigkeit zugibt. Statt entweder in Selbstentwertung zu schwelgen oder mit humanistischen Methoden seine Unfähigkeit zu überwinden zu suchen, wendet er sich dann vom Selbst zu Gott und verlässt sich in seiner Schwachheit auf Gottes Stärke. Statt seine Behinderung zu beklagen, rühmte sich Paulus seiner Schwäche:

Und er hat zu mir gesagt: Lass dir an meiner Gnade genügen, denn meine Kraft wird in der Schwachheit vollkommen! Darum will ich mich am liebsten vielmehr meiner Schwachheiten rühmen, damit die Kraft des Christus bei mir wohne. Darum habe ich Wohlgefallen an Schwachheiten, an Misshandlungen, an Nöten, an Verfolgungen, an Ängsten um des Christus willen; denn wenn ich schwach bin, dann bin ich stark. (2 Korinther 12,9.10)

Natürlich versuchen jene, die die Selbstsucht in die Gemeinde hineingebracht haben (selbst wenn sie anerkennen, dass die Vorstellung ursprünglich aus der humanistischen Psychologie kam), sie durch die Schrift zu unterstützen. Ein führender christlicher Psychologe zitiert Psalm 139 und legt nahe, dass das „wunderbare Muster für Wachstum, Erfüllung und Entwicklung", das „Gott in unsere Gene einbaute... die elementare Basis für Selbstachtung darstellt". Gewiss sollte mich das Genie des genetischen Codes dazu bringen, mich in Erstaunen und Verehrung vor der Weisheit und Macht Gottes zu beugen - aber Selbstachtung? [Dies] ist genauso wenig Grund zur Selbsterhöhung, wie Gottes schöpferische Macht bei den Genen im Allgemeinen oder bei einem Sonnenuntergang oder einer schönen Blume zu sehen - Ich hatte in keinem Fall etwas mit ihrer Erschaffung zu tun. Vor Ehrfurcht ergriffen vor der Schönheit und den Wundern der Schöpfung zu stehen... veranlasst mich nicht, mich gut über mich zu fühlen, sondern es bewegt mich, den Schöpfer zu verehren. „Die Himmel verkünden die Ehre Gottes", nicht meine Ehre....

Sogar wenn ich physisch oder mental oder gesellschaftlich besser ausgestattet bin als jeder andere auf der Welt, wäre das, nach Paulus, keine Grundlage zum Prahlen: „Denn wer gibt dir den Vorzug?" fragte er. Die Antwort ist offensichtlich Gott, obgleich ich Ihm nicht Vorwürfe für Defekte machen kann, die ich von meinen sündigen Vorfahren geerbt habe. Aber was seine Talente und Gelegenheiten und jede Freundlichkeit betrifft, die sich durch sein Leben (und besonders seine Apostelwürde) manifestierten, verkündete Paulus, „Aber durch Gottes Gnade bin ich, was ich bin" (1 Korinther 15,10). Da gibt es keine Grundlage für Selbstachtung...!

Nur gerettete Sünder werden im Himmel sein.... Christus wird auf ewig die Merkmale von Golgatha tragen. Die Narben dessen, was Er für unsere Sünden litt, werden nie ausgetilgt werden. Erdreisten wir uns zu denken, wir würden je in der Lage sein, aus unserem Gedächtnis die Tatsache, wir seien aus Gnade gerettete Sünder, auszulöschen? Wer würde den Wunsch haben, die Schuld zu vergessen, die wir dem Einen schulden, der uns freigekauft hat? Der Thron Gottes wird für immer als der Thron des Lammes bekannt sein (Offenbarung 22,3). Unser verherrlichter Herr und Heiland wird in Seinem Auferstehungsleib die ganze Ewigkeit als das frisch geschlachtete Lamm auftreten, und unser Lied wird für immer „Ihm, der uns geliebt hat und uns von unseren Sünden gewaschen hat durch sein Blut" gelten! Der gekreuzigte und auferstandene Retter, der die Merkmale von Golgatha trägt, wird die Herrlichkeit des Himmels sein. [Martin] Lloyd-Jones drückte es gut aus:

Stolz ist immer die Ursache von Problemen, und es gibt nichts, was den Stolz des natürlichen Menschen so trifft wie das Kreuz des Christus.

Wie macht das Kreuz das? Was ist geschehen, dass es überhaupt ein Kreuz geben musste? Es geschah, weil wir Versager sind, weil wir Sünder sind, weil wir verloren sind.

Der Christ ist kein guter Mensch. Er ist ein abscheulicher Schuft, der durch die Gnade Gottes gerettet worden ist.

Man kann den wahren Gott in Seiner Großartigkeit unmöglich kennen, ohne sich tatsächlich als sehr klein zu sehen. Es gibt keinen sichereren Weg, den aufgeblasenen Sinn der eigenen Wichtigkeit zu verlieren.