Die selige, große Entrückungstheorie? | thebereancall.org

Hunt, Dave

Auszug aus Whatever Happened to Heaven?

In den frühen 1970ern war die Entrückung das Thema, worüber in der Gemeinde am meisten geredet wurde. [Hal Lindseys Bestseller The Late Great Planet Earth] hatte die Aufmerksamkeit und Phantasie seiner Generation ergriffen. Pastoren predigten über den Himmel und Christen erwarteten ungeduldig, jeden Augenblick entrückt zu werden und ihrem Herrn in der Luft zu begegnen. Sogar die säkulare Welt wurde mit dem Konzept vertraut. Es gab Filme über die Endzeit wie The Omen. Radio und Fernsehen erwähnten häufig das Zweite Kommen und auch Cartoons und Aufkleber nahmen das Thema auf. Ein solcher warnte feierlich: „Ich verschwinde bei der Entrückung. Sie fahren auf eigenes Risiko!“

All das hat sich geändert. Die Aufkleber sind verwittert, die Filme haben ihren Reiz verloren, und die Predigten beschäftigen sich mit heute populären Themen….

The Late Great Planet Earth hatte nur angedeutet, Christi Aussage über „diese Generation“ könnte vielleicht innerhalb von 40 Jahren nach Israels Wiedergeburt erfüllte werden. Doch diese Möglichkeit hatte sich im Denken so vieler Christen in ein Muss verwandelt (obgleich Hal Lindsey das nicht wollte), dass es beträchtliche Ernüchterung bei Befürwortern einer Entrückung vor der Trübsal gab, als die Entrückung 1981 nicht kam. Zweifel waren bereits gewachsen, als dieses Schlüsseldatum näher kam. Tatsächlich hatte in den späten 1970ern die Entrückung nach der Trübsal (Posttrib) erhebliches Gefolge gewonnen, sogar in Denominationen und Einrichtungen, die lange Bastionen der (bis dahin) dominanten Position der Entrückung vor der Trübsal (Pretrib) war.

Natürlich wandten sich am 1. Januar 1982 viele von der Pretrib Position ab. An diesem Punkt sah jedoch die Posttrib Theorie nicht besser aus, denn die Große Trübsal war offensichtlich nicht pünktlich gekommen. Die Postmillenniale Sicht, eine Minderheitsansicht, die bei Evangelikalen beinahe ausgestorben war, schien vielen die einzige Option. Nachdem sie jedoch generell abgeschrieben war, wie Gary North zugibt, und trotz offenkundiger Vernunftwidrigkeit des AD 70 Szenarios, inszeniert die Postmilleniale Sicht wieder einmal ein dramatisches Comeback.

Der neue Streitpunkt: Entrückung, ja oder nein

Nun da 1988 Geschichte ist, ohne dass die Große Trübsal oder der Antichrist kam – und mit der Aussicht, dass Armageddon in die Zukunft rückt… streitet man sich nicht länger um Entrückung vor, inmitten oder nach der Trübsal, wie es so lange war. Es geht jetzt um „Entrückung, ja oder nein“. Letzteres erstarkt so rasch, dass es wohl die vorwiegende Ansicht in naher Zukunft sein wird. Während die meisten Postmillennialisten an eine Entrückung glauben, wie wir bereits vermerkt haben, liegt sie so weit in der Zukunft, dass sie nur wenig praktische Auswirkung auf das eigene Leben hat und keine reinigende und motivierende Hoffnung bietet, die normalerweise mit der Erwartung der unmittelbar bevorstehenden Rückkehr Christi verbunden ist.

Die meisten Christen wissen nicht länger, was sie über Prophetie glauben, und erkennen nun, sie müssten ihre zuvor gehaltenen Ansichten aufrichtig und sorgfältig überprüfen. Viele, die einst von der Erwartung begeistert waren, jeden Moment in den Himmel entrückt zu werden, sind jetzt verwirrt und ernüchtert durch das anscheinende Scheitern einer allgemein akzeptierten biblischen Interpretation, auf die sie sich einst verließen. Wer an die Entrückung glaubte, weil sie populär war, gibt sie jetzt natürlich, wo sie unpopulär geworden ist, auf. Sie hatten für ihren Glauben nie einen guten Grund, der auf eigenen, sorgfältig abgewogenen Überzeugungen beruhte. Es ist traurig, dass so wenig Christen die Bibel eigenständig kennen.

Die Kirche entwickelt jetzt Auffassungen von Geschichte und Prophetie, die die Entrückung entweder herunterspielen oder eliminieren und den Schwerpunkt auf „Christianisierung“ (statt „Bekehrung“) der Welt legen. Eine neue Buchgattung wird gedruckt, die die Vorstellung unterstützt, „Sieg in Christus“ bedeute christliche Übernahme dieser Welt, und sie verkauft sich gut. Solche Vorstellungen werden erfolgreich in etablierte evangelikale Kirchen gebracht, [was] eine bedeutende theologische Verschiebung in der Kirche darstellt….

Durch Entrückung in den Himmel geholt zu werden wurde in großem Maß durch die rasch wachsende neue Hoffnung ersetzt, die Kirche sei ausersehen, die Welt zu übernehmen und das Reich Gottes zu errichten. Man konzentriert sich jetzt nicht mehr auf das Gewinnen von Seelen für die Bürgerschaft im Himmel, sondern politische und soziale Aktionen zur Reinigung der Gesellschaft. Selten hört man eine Predigt über die kommende Welt. Dagegen konzentriert man sich auf Erfolg in dieser. Wenn unser Marsch nach Washington groß genug ist und wir genug Kandidaten reinwählen, dann können wir diese Welt zu einem schönen, sicheren, moralischen und zufriedenstellenden „christlichen“ Ort für unsere Enkel machen. Ein sehr verlockendes Szenario….

Was immer dem Himmel passierte

Die gespannte Erwartung der baldigen Rückkehr des Herrn, die in den 1970ern auf dem Gipfel der Popularität von Hal Lindseys The Late Great Planet Earth so augenscheinlich war, ist beinahe aus der Kirche verschwunden. Heute gibt es von den meisten Kanzeln kaum einen wohlwollenden Hinweis auf die Entrückung. Und die Kirchenlieder, die einst das Verlangen der Gemeinde nach dem Himmel ausdrückten, hört man nur bei Beerdigungen.

Gegen das eifrige Ausschau halten nach und Warten auf Christi Rückkehr, was bestimmt die Haltung der Urkirche war, hat sich eine überraschende und wachsende Feindseligkeit entwickelt. Das Pendel schwingt zu einer gänzlichen Ablehnung nicht nur der Pretrib, sondern auch der Premillennium Entrückung….

Wir könnten den momentan wogenden Streit in der Southern Baptist Church als Beispiel zitieren. Sie ist die größte protestantische Denomination, verliert aber zurzeit Mitglieder in überraschender und wachsender Zahl an unabhängige Gemeinden, die die Entrückung und einen Ort für das nationale Israel in der Prophetie bestreiten, und glauben, eine Elitegruppe von „Überwindern“ werde bald unsterbliche Körper ohne die Auferstehung oder das Zweite Kommen haben und die Welt für Christus übernehmen. Erst dann wird Christus zurückkehren – nicht jedoch um seine Braut in den Himmel heimzuholen, wie die Bibel deutlich lehrt, sondern um über das Reich zu herrschen, das sie für Ihn hier auf dieser Erde errichtet hat. Einer der Führer dieser Bewegung schreibt:

Sie können gerne Bücher darüber studieren, wie sie in einer sogenannten „Entrückung“ in den Himmel gehen, wenn sie das anmacht. Wir wollen die Bibel studieren, um leben und lieben zu lernen und den Himmel auf die Erde zu bringen.

Lohnt es sich überhaupt, über diesen Streitpunkt zu diskutieren? Was macht es schließlich aus, wann Christus kommt oder wann und wie das Reich errichtet wird? Hat die eschatologische Debatte einen Stellenwert? Dass Prophetie über die „letzten Tage“ etwa ein Viertel der Bibel ausmacht, beantwortet das teilweise. Wie dürften wir anzudeuten wagen, der Heilige Geist würde einer Sache, die im Endeffekt wirklich keine Rolle spielt, solche Bedeutung beimessen? Wann, wie und warum Christus zurückkehrt muss alleine aufgrund der großen Aufmerksamkeit, die dem in der Bibel geschenkt wird, sowohl für Gott wie für uns von großer Bedeutung sein. Wir müssen versuchen das Warum zu verstehen.

Ein Grund für die Bedeutung dieser Punkte sollte ziemlich offensichtlich sein. Paulus sagt uns, Christus werde Seine Braut von der Erde wegholen, um Ihm in der Luft zu begegnen – „und so werden wir bei dem Herrn sein allezeit“ (1 Thessalonicher 4,17). Wer folglich erwartet, Christus zu treffen, solange er sich noch auf der Erde befindet – einen „Christus“, der gekommen ist, um das Reich zu übernehmen, das sie in Seinem Namen errichtet haben – wird schwer getäuscht werden. Tatsächlich haben sie vielleicht dazu beigetragen, das irdische Reich für den Antichristen zu bauen. Doch diese Lehre, wir müssten die Welt übernehmen und das Reich für Christus aufbauen, ist zur am schnellsten wachsenden Lehre in der Kirche heute geworden.

Die Haltung Israel gegenüber ändern

Eine der Schlüssellehren dieser Bewegung ist die Behauptung, die Gemeinde sei jetzt Israel, Erbe all seiner Verheißungen und das nationale Israel sei von Gott abgeschnitten und hätte weiter keinen Platz im prophetischen Schema. Dieser neue Fokus auf irdisches Erbe für die Kirche hat die Hoffnung, bei der Entrückung in den Himmel geholt zu werden, weiter in Spott verwandelt. Er hat auch eine drastische Änderung in der Haltung und eine bedenkliche Reduktion der traditionellen Unterstützung der evangelikalen Kirche für Israel hervorgebracht, eine Kehrtwende, die diese winzige Nation mit Sorge sieht. Bill Hamons The Eternal Church ist eines der populären Bücher, die für die Theorie werben, die Kirche sei Israel und Christen würden jetzt das Reich Gottes errichten. Hamon berichtet, Kenneth Hagins Rhema Bible Training Center verwende sein Buch als Lehrbuch und es hätte sich als „wertvolles und unverzichtbares Mittel“ erwiesen für: „Kenneth Copeland, Earl Paulk, Jerry Savelle, Gary Greenwald, John Gimenez, Ken Sumrall… und viele andere Führer der klassischen Pfingst- und charismatischen Bewegung.“

Rick Godwin, ein langjähriger Mitarbeiter von James Robison und populärer Redner in christlichen Medien, gab bei einem Vortrag in Edmond nahe Oklahoma City am 11.April 1988 die Art antiisraelischer Rhetorik zum Besten, die in charismatischen Kreisen so typisch wird: „Sie [Nation Israel] sind nicht erwählt, sie sind verflucht! Sie sind nicht gesegnet, sie sind verflucht!... Ja und sie hören Jerry Falwell und jeden anderen sagen, der Grund, warum Amerika groß ist, sei, weil es Israel gesegnet hat. Ganz bestimmt. Welches Israel? Das Israel – die Kirche…. Das ist das Israel Gottes, nicht dieser Knoblauch dort drüben am Mittelmeer!“ Earls Paulks Kritik an der Nation Israel und jenen, die wohlwollend auf es blicken, enthält die äußerste Beschuldigung:

Die Stunde ist gekommen, damit wir wissen… dass der Geist des Antichristen nun in der Welt wirkt… [durch] so genannte vom Heiligem Geist erfüllte Lehrer, die sagen, „Wenn du die Nation Israel segnest, wird Gott dich segnen.“

Nicht nur ist dies offensichtlich irreführend, es ist überhaupt kein Teil des neuen Bundes!

Ströme des Wandels rauschen durch die Welt und die Kirche. In den wichtigen Tagen vor uns könnte die evangelikale Kirche sich wohl wegen der Entrückung und der damit verbundenen Streitfrage Israel spalten, was der Erfahrung der Katholischen Kirche als Ergebnis der Reformation in den 1500ern vergleichbar wäre. Auch wäre es nicht überraschend, wenn in Fragen der „Einheit“ das größere Lager im Protestantismus viel näher zur ökumenischen Union mit dem Katholizismus rückt, der traditionell antisemitisch war und die Entrückung vor etwa 1.600 Jahren verworfen hat….

Die wirkliche „unbequeme Wahrheit“?

Wir müssen uns in unserem Eifer, „die Welt für Christus zu ändern“, in Acht nehmen nicht so untrennbar mit einem laufenden irdischen Prozess verbunden zu werden, der sich in unbestimmte Zukunft hinzieht, dass wir unsere Sicht auf den Himmel verlieren. Wir können nicht wirklich der Gesamtheit der Schriftaussagen treu sein, wenn wir nicht hinreichend von dieser Welt freigemacht sind, um bereit zu sein, sie sofort hinter uns zu lassen.

Wir haben Grund für die Sorge, die Rekonstruktionisten und die Erweckungskoalition wie auch andere Reich/Herrschaft Befürworter könnten eine falsche Auffassung unseres irdischen Dienstes fördern – eine Auffassung, vor der wir uns schützen müssen, damit wir nicht unmerklich in eine Einstellung wie der von Dostojewskis Großinquisitor verfallen. Für ihn war Christi Rückkehr auf die Erde ein Eingriff in die Mission der Kirche. Er hat Christus ins Gefängnis geworfen, wo er ihn besucht, um zu klagen:

Es gibt für Dich überhaupt keine Notwendigkeit, jetzt zu kommen. Du darfst zumindest zurzeit nicht dreinreden. …zum Glück hast Du uns bei Deiner Abreise das Werk übergeben.

Du hast versprochen, Du hast durch Dein Wort begründet, Du hast uns das Recht zum Binden und Lösen gegeben, und jetzt natürlich darfst Du nicht daran denken, es uns wegzunehmen. Warum also bist Du gekommen, um uns zu behindern?

Alle Menschen sind versucht, mehr in dieser Welt zu Hause zu sein, als sie sein sollten. Auch Christen unterliegen dieser Versuchung, und wenn sie ihr verfallen, führt es oft zum Versuch, die Schrift entsprechend umzudeuten. Rekonstruktionisten dienen dafür als Beispiel. Bevor sie die Welt übernommen haben, wäre Christi Rückkehr für die Rekonstruktionisten und andere in der Reich / Herrschaft Bewegung so unbequem wie für den Großinquisitor, und das aus denselben Gründen.

Unsere Hoffnung ist nicht die Übernahme dieser Welt, sondern von unserem Herrn in den Himmel geholt zu werden, um mit Ihm in Herrlichkeit verheiratet zu werden und dann mit Ihm als Teil der himmlischen Heere zurückzukehren, um Israel zu retten, Seine Feinde zu zerstören und an Seiner Herrschaft im Millennium teilzuhaben. Doch wir glauben dies nur zu oft in der Theorie, während wir es durch unser Leben bestreiten.

Es ist wohl ironisch, dass die Möglichkeit der Entrückung, die großen Trost bringen sollte, gleichermaßen große Kontroversen hervorgerufen hat. Wir wagen es jedoch nicht, im Namen von Einheit und Vermeiden von Kontroverse die uns in der Schrift gegebene Hoffnung aufzugeben.

Siehe, ich sage euch ein Geheimnis: Wir werden zwar nicht alle entschlafen, wir werden aber alle verwandelt werden, plötzlich, in einem Augenblick, zur Zeit der letzten Posaune; denn die Posaune wird erschallen, und die Toten werden auferweckt werden unverweslich, und wir werden verwandelt werden [alle, Tote und Lebendige, in einem Augenblick].

Denn dieses Verwesliche Muss Unverweslichkeit anziehen, und dieses Sterbliche Muss Unsterblichkeit anziehen. (1 Korinther 15,51-53)

Denn der Herr selbst wird, wenn der Befehl ergeht und die Stimme des Erzengels und die Posaune Gottes erschallt, vom Himmel herabkommen, und die Toten in Christus werden zuerst auferstehen. Danach werden wir, die wir leben und übrigbleiben, zusammen mit ihnen entrückt werden in Wolken, zur Begegnung mit dem Herrn, in die Luft, und so werden wir bei dem Herrn sein allezeit. So tröstet nun einander mit diesen Worten! (1 Thessalonicher 4,16-18)