Unmittelbares Bevorstehen | thebereancall.org

Hunt, Dave

Ursprünglich im Oktober 1988 veröffentlicht.

Wir haben die Reich/Herrschaft/Rekonstruktion/COR Bewegung verschiedene Male diskutiert. Ich halte sie für den am schnellsten wachsenden schädlichen Einfluss in der Kirche heute. Das macht uns große Sorgen. Sie hilft, den Weg für die kommende Weltregierung des Antichristen zu bereiten, indem sie Schlüsselthemen der Prophetie durcheinander bringt. Wer dabei ist, wird natürlich aufrichtig abstreiten, sie würden dem Antichristen auf irgendeine Weise helfen, oder daran auch nur Anteil haben wollen. Es gibt eine weitere, raffiniertere Gefahr – das eigene geistliche Leben wird aufgrund der unbiblischen Lehren dieser Bewegung untergraben.

Wer glaubt, sie müssten die Welt übernehmen und das tausendjährige Reich für Christus in Seiner Abwesenheit errichten, lehnt die Entrückung entweder ab oder weist ihr ein solch ferne und unbedeutende Position zu, dass es für ihr Leben keinen praktischen Wert hat. Das hat ernste Folgen, denn die Hoffnung, Christus könne jeden Moment zurückkehren, ist nach Absicht Gottes einer der vorrangigen Reinigungsfaktoren im christlichen Leben (1 Johannes 3,3). Ich meine, Johannes bezieht sich mit dem Ausdruck „reinigt sich“ sowohl auf lehrmäßige wie moralische Reinheit. Die beiden gehen zusammen, doch Lehre wird heute als Ursache für Spaltung oft vermieden, statt zu sehen, was sie tatsächlich ist, das notwendige Gefäß der Wahrheit.

Die Lehre von der Entrückung – Christus entrückt Seine Braut in den Himmel (1 Thessalonicher 4,13-18) – ist heute (in krassem Gegensatz zu ihrer Bedeutung vor nur wenigen Jahren) sehr unpopulär. Christus ist nicht „rasch“ gekommen, wie Er versprach (zumindest sieht der Mensch es so). Daher gibt es welche, die die Entrückung lieber nicht behandeln. Doch die vielen Aussagen in der Bibel über Endzeit im Allgemeinen und Entrückung im Besonderen zeigen, dass dies gesamte Gebiet ein bedeutender Teil unseres christliche Glaubens und Lebens sein sollte.

Im Bezug auf die Entrückung drängt uns die Bibel widerholt, zu wachen und zu warten. Warum verlangt Christus diese Haltung? Liegt ihr Wert für uns und die Bedeutung, die die Bibel ihr offensichtlich zumisst, vor allem darin, dass die Rückkehr des Herrn tatsächlich unmittelbar bevorsteht? In der Tat nicht.

Ob für uns die Rückkehr des Herrn unmittelbar bevorsteht oder nicht, wir wissen im Rückblick, dass sie für all jene Generationen von Christen, die vor uns kamen, nicht unmittelbar bevorstehend war. Sollte der einzige Wert ihrer „Erwartung“ in ihrer Erfüllung liegen, d.h. es sei wahr, dass der Herr baldig zurückkehrt – dann ließe uns die Tatsache, dass Christus nicht zurückgekehrt ist, ohne Erklärung, warum der Herr diese „Erwartungshaltung“ ursprünglich forderte. Daher muss es bei der Haltung, Christi Rückkehr jeden Moment zu erwarten, etwas Wichtiges und für ein gutes Christenleben Wesentliches geben. Was kann das sein?

Zweifellos vermittelt der Glaube, jeden Moment entrückt werden zu können, unserem Leben mehr Ernst. Wir werden nicht immer hier sein, daher sollte jede Minute zählen. Überdies verunsichert es uns dabei, uns zu eng mit der Welt zu identifizieren, die nicht unsere endgültige Bestimmung ist, und erinnert uns an die wahre Bürgerschaft in einer kommenden Welt, die auf ewigen, statt auf irdischen Werten beruht. Diese Haltung sollte ein christliches Leben gewiss charakterisieren. Auch ein lebendiger Sinn für die Möglichkeit, Christus könne bald zurückkehren, ist mehr als gerechtfertigt, wenn er diese gute Wirkung auf uns hat.

Aber liefert die Möglichkeit eines plötzlichen Todes nicht genau dasselbe Motiv? Nein. Obgleich sie natürlich ein sehr starkes Motiv liefert, ist der Unterschied groß. Die Erwartung, jeden Augenblick in die Gegenwart unseres Herrn entrückt zu werden, hat einige Vorteile vor der ähnlichen Erwartung durch möglichen plötzlichen Tod.

(1) Sollte unsere Beziehung zu Christus richtig sein, können wir uns wirklich auf die Entrückung freuen. Doch keiner (nicht einmal Christus im Garten) freut sich auf den Tod. Die freudige Aussicht auf die Entrückung beschwingt unser Denken, während die widerwärtige Aussicht des Todes etwas ist, das wir gerne vergessen, womit sie in unserem Alltag weniger wirksam ist.

(2) Obgleich die Entrückung dem Tod insofern ähnlich ist, als dass beide das irdische Leben beenden, bewirkt die Entrückung auch etwas anderes: sie signalisiert den Höhepunkt der Geschichte und öffnet den Vorhang für den letzten Akt. Sie beendet somit auf eine Weise, wie es der Tod nicht tut, jeden menschlichen Einsatz, die irdischen Entwicklungen weiter zu führen, wie das Leben von Kindern, die zurückgelassen werden, das Wachstum oder die Verteilung des angehäuften Vermögens, den Schutz des eigenen Rufes, den Erfolg jeglicher irdischer Anliegen, die man unterstützt hat, und so weiter.

Leute meistern die Endgültigkeit des Todes z.B. durch Formen von Pseudounsterblichkeit – wie wir oder Dinge, die uns wichtig waren, „weiterleben“, nachdem wir gestorben sind. Sogar Christen, die sich auf wahre Unsterblichkeit freuen dürfen, sind vielleicht dennoch versucht, Trost in einigen dieser Formen von Pseudounsterblichkeit zu suchen. Die Entrückung jedoch untergräbt all das; und je mehr diese Pseudotröstungen geschwächt werden, desto mehr wird unsere Hoffnung nach dem Tode von ihren irdischen Elementen gereinigt. Gezwungen zu realisieren, dass unsere Bestimmung im Himmel liegt, werden wir motiviert sein, mit diesem Ziel im Sinn zu leben.

(3) Der Ansporn durch den Tod wird dadurch etwas geschwächt, dass wir im Allgemeinen zumindest eine gewisse Kontrolle über seine relative Bedrohung haben. Wir sind bestimmt radikal anfällige Wesen, und unser Leben kann jederzeit ausgelöscht werden. Aber so sterben die Leute normalerweise nicht. Das Krebsopfer hätte das Rauchen sein lassen oder mehr Ballaststoffe essen, oder früher in Behandlung gehen können. Der Unfallverursacher hätte langsamer fahren oder ein Taxi nehmen können, als er zu viel getrunken hatte.

Obwohl der Tod plötzlich und ohne Warnung kommen kann (wir sind nicht komplett Herr unseres Schicksals), ist es dennoch wahr, dass wir täglich Entscheidungen treffen, die unsere Aussicht, morgen, im nächsten Monat oder in zehn Jahren zu sterben, erhöhen oder vermindern. Wir können den Zeitpunkt unseres Todes in gewissem Sinn kontrollieren, was uns weniger zu Gottesfurcht anspornt, da wir meinen, wir könnten es uns leisten, eine engere Beziehung zu Gott auf nächste Woche, nächsten Monat oder nächstes Jahr zu verschieben. Auf den Zeitpunkt von Christi Rückkehr zur Erde haben wir dagegen überhaupt keinen Einfluss. Es wird einfach völlig unerwartet geschehen. Glaube an eine bevorstehende Rückkehr Christi gestattet uns nicht, etwas zu verschieben.

Die ganze Herrschaft/Rekonstruktion Bewegung ist zu eng in einen andauernden irdischen Prozess verstrickt, der sich auf unbestimmbare Zukunft erstreckt, um wirklich allem treu zu sein, was die Schrift darüber sagt, wie man hinreichend von dieser Welt gelöst und bereit ist, sie sofort zu verlassen. Ich mache mir Sorgen, die Rekonstruktionisten und die Erweckungskoalition wie auch andere Reich/Herrschaft Befürworter fördern eine falsche Auffassung unseres irdischen Dienstes – eine Auffassung, vor der wir uns hüten müssen, um nicht unmerklich in die Haltung von Dostojewskis Großinquisitor zu verfallen, für den Christi Rückkehr auf die Erde eine Einmischung in die Mission der Kirche ist. Er hat Christus ins Gefängnis geworfen, wo er ihn besucht und beklagt:

Es gibt überhaupt keinen Grund, dass du jetzt kommst. Du darfst dich jetzt nicht einmischen, zumindest hast… du uns das Werk bei deinem Weggang zum Glück übergeben. Du hast versprochen, durch dein Wort festgesetzt, du hast uns das Recht gegeben, zu binden und zu lösen, und jetzt natürlich darfst du uns das nicht wegnehmen. Warum also bist du gekommen, um uns zu behindern?

Alle Menschen sind versucht, mehr in der Welt zu Hause zu sein als sie sollten. Christen stellen dabei keine Ausnahme dar, und wenn sie dem erliegen, versuchen sie oft, die Schrift entsprechend neu zu interpretieren. Rekonstruktionisten dienen als Beispiel für diese Versuchung. Manche behaupten sogar, Christus sei im Jahr 70 in Person der römischen Heere zurückgekehrt, um Jerusalem zu zerstören und Israel zu bannen – und das sei der Tag der Hochzeit der Gemeinde mit Christus gewesen, wie in Offenbarung 19 prophezeit!

Bevor sie die Welt übernommen haben würde Christi Rückkehr für die Rekonstruktionisten und andere in der Reich / Herrschaft Bewegung so unpassend sein wie für den Großinquisitor, und aus denselben Gründen.

Unsere Hoffnung liegt nicht darin, diese Welt zu übernehmen, sondern von unserem Herrn in den Himmel geholt und mit Ihm in Herrlichkeit verheiratet zu werden, dann mit Ihm als Teil der himmlischen Heere zurückzukehren, um Israel zu retten, Seine Feinde zu zerstören und an seiner Millennium Herrschaft teilzuhaben. Doch zu oft glauben wir das nur theoretisch, und bestreiten es mit unserem Leben. Die Aussicht, plötzlich hochgeholt zu werden, um bei Christus zu sein, mit verwandeltem Leib, Seinem Herrlichkeitsleib ähnlich und ewig untrennbar mit unserem Herrn verbunden zu sein, sollte unsere Herzen ständig erstaunen und erfreuen

Der Himmel ist nicht so sehr irgendein Ort, sondern eher, bei Christus zu sein, wo auch immer Er im Universum ist, denn wir werden ständig in Seiner Gegenwart sein. Es ist nicht so sehr ein Ort, sondern ein Zustand, wo wir uns einer himmlischen Existenz erfreuen, die wir heute nicht verstehen, die wir aber beständig und begeistert erwarten sollen. In unserem verwandelten Leib, gemacht wie Sein Herrlichkeitsleib, in dem wir Sein Auferstehungsleben teilen, werden wir 1.000 Jahre mit Ihm über diese Erde regieren. In der Ewigkeit dann wird Er uns und in uns ständig mehr und mehr von sich, Seiner Liebe, Gnade und Güte offenbaren.

Teil des Problems mit der Reich/Herrschaft/Rekonstruktion Bewegung ist ihre irrige Vorstellung, der sterbliche Mensch können bewirken, was nur der unsterbliche Mensch, unser auferstandener Herr und wir als unsterbliche, auferstandene Wesen mit Ihm schaffen können. Begnüge dich mit nicht weniger als der Fülle der Verheißung Christi! Die Herrlichkeit des ewigen Reiches, das Er anbietet, ist Lichtjahre jenseits der COR Agenda, diese heutige Welt in diesen schwachen und vergänglichen Leibern zu christianisieren und zu übernehmen.

Wir können Sein Bestes verpassen, wenn wir nicht ernst nehmen, was die Bibel eindeutig lehrt und nicht fest für gesunde Lehre stehen. Und wir können auch unsere wahre Belohnung verpassen, wenn wir versuchen, das christliche Leben, was nur Christus durch uns leben kann, in eigener Kraft zu leben. Mögen wir Seinem Wort und Ihm in unserem Alltag treu sein. Die Freude und Herrlichkeit, die Er geplant hat und an der wir teilnehmen sollen, ist mehr als genug, uns anzuregen, zu inspirieren und motivieren. „Trachtet nach dem, was droben ist (Kolosser 3,2)!